www.steirereck.at [ Baureportage ] Kulinarische Wunderwelt auf obersteirischer Passhöhe – das erneuerte und erweiterte Steirereck am Pogusch. Fotos (2): Hertha Hurnaus Spitzenkulinarik garniert mit Architektur-Gustostückerln Das Restaurant Steirereck in Wien zählt seit Jahrzehnten zur gastronomischen Spitze Österreichs, seit mehr als zehn Jahren sogar zu „The Worlds 50 Best Restaurants“. Neben der zeitgemäßen Ausrichtung des gastronomischen Konzeptes wird stets ein besonderes Augenmerk auf die besondere Nachhaltigkeit der eigenen Aktivitäten gelegt. Mit dem Projekt des Um- und Zubaus des Steirereck am Pogusch beweisen Heinz und Birgit Reitbauer in Zusammenarbeit mit PPAG architects, wie innovativ ein gastronomischer Betrieb geführt werden kann. d er Pogusch ist ein 1059 Meter hoher Alpenpass in der Obersteiermark, der die Gemeinden Turnau und Sankt Lorenzen im Mürztal verbindet. Direkt auf seiner Passhöhe kommen seit 25 Jahren wildromantische Natur, anspruchsvolle Gastronomie und höchste landwirtschaftliche Qualität zusammen. Eine Gesamtlösung, welche die dortige Liegenschaft von Familie Reitbauer zeitgemäß und vor allem harmonisch weiterentwickelt, formte das renommierte Team der PPAG architects ztgmbh. Die über Jahre und Generationen gewachsene Landwirtschaft mit angeschlossener Gastronomie stand dabei weniger am Punkt einer inhaltlichen Neuorientierung, als dass die bereits gelebte Achtsamkeit im Gebauten manifestiert und für die Gäste nutz-, spür- und sichtbar werden sollte. Sensibel im Umgang mit der Landschaft und dem Bestand umfasste das Projekt neben der Erneuerung des Gasthauses, dem Stein- und Holzhaus, weitere neue Gastronomiebereiche wie das Salettl für Fine- Dining, die gemütlich traditionelle Schankkuchl mitsamt Hofladen, die Schnapsbrennerei und die Küchen mit großen, teils versteckten Vorbereitungs- und Mitarbeiterbereichen sowie einen Küchengarten im kleinen Glashaus. Im großen neuen Glashaus, einem richtungsweisenden Hybrid aus avanciertem Gewächshaus und Wohnraum, befinden sich zehn integrierte Kabanen sowie eine Wellnesszone mit Sauna, Hamam und Kaminzimmer. Durch unterschiedliche, zurückhaltende Eingriffe bilden Bestandsgebäude und Zubauten nun ein dörfliches Ensemble im Maßstab der ländlichen Bebauung. Mit den Kabanen ist Schlafen völlig anders gedacht. Reduziert auf das Wesentliche, ganz ungezwungen, entschleunigt und trotzdem mit höchstmöglichem Komfort. Die Kabanen sind gemütliche, beheizte „Kokons“ und im Glashaus verteilt; jede Kabane ist in einer anderen, heimischen Holzart getäfelt und mit einem gemütlichen Bett für bis zu zwei Personen ausgestattet. Zahlreiche von PPAG architects entworfene Details wie organomorphe Türgriffe, 3D-gedruckte Waschbecken und raumwirksame Holzlamellenvorhänge entführen die Besucher gleichzeitig in eine ungewohnt künstlerische Bergwelt. | Steinhaus und Holzhaus | Das Steinhaus aus dem 17. Jahrhundert, das Holzhaus und Teile der Küche wurden ordentlich „durchgekehrt“ und die schönen alten Strukturen hervorgebracht. Was brauchbar ist, blieb, anderes wurde hergerichtet und neue Möbel wurden ergänzt. Hochwertige, lokale Materialien und traditionelle Handwerkstechniken stehen im Einklang mit einer zeitgenössischen Gestaltung. Dazu kamen sichtbare Weinkeller für Rot-, Weiß- und Schaumweine, ein Hofladen, moderne Toiletten im Untergeschoss und kontrastierende Übergänge zum neu errichteten Salettl sowie der Schankkuchl. | Flexibles Salettl | Das neue Salettl bildet zusammen mit dem bestehenden Stein- und Holzhaus ein differenziertes Gastraumangebot, das unterschiedliche Vorstellungen 96 WellHotel
www.steirereck.at [ Handwerker & Lieferanten ] von Gastlichkeit und Atmosphäre bedient. In Ergänzung zum Bestand ist es offen und transparent mit Ausblick auf die Natur. Räumliche Behaglichkeit schaffen veränderbare Holzlamellenvorhänge und Wandverkleidungen aus Bio-Wollfilz. Dank der verschiedenen Positionierungen der 26 eichenen Lamellenvorhänge, die von der Decke hängen, ergeben sich rasch unterschiedliche Raumbereiche und Nutzungsszenarien. Die Fassadenverkleidung aus Alusion-Aluminiumschaum und die Kubatur des Daches signalisieren Zukunftsgewandtheit im Einklang mit Tradition und der umgebenden Landschaft. | Schankkuchl | Die Schank- und Feuerküche ist ein starker Raum im Herzen des Hauses. Ein großer Grill ist der für den Gast präsente Teil der Küche. Im Laufe des Tages verändert sich die Stimmung von hell und transparent zu atmosphärisch und dunkel. Und auch hier kommt ein leichtes und zugleich hoch tragfähiges Holzbauelement zum Einsatz: eine Kielstegdecke. Bei alternierender Verlegerichtung werden jene Anschnitte sichtbar, die bei der Normanwendung verborgen bleiben. Die dünnen gebogenen Sperrholzplatten, die Ober- mit Untergurt verbinden, werden kurzerhand zum Lampenschirm des Gastbereichs umfunktioniert. | Großes und kleines Glashaus | Glashäuser in dieser Höhenlage sind eine besondere Herausforderung. Enormer Forschungstrieb, ein wenig Nutzpflanzenzucht und nicht zuletzt innovative, unkonventionelle Gästeunterbringung sind die inhaltlichen Schwerpunkte der zwei neuen Glashäuser. Ein kaltes und ein warmes Glashaus erfüllen jeweils unterschiedliche Aufgaben: Das große Glashaus mit einer Mindesttemperatur um den Gefrierpunkt wird für die ganzjährige Pflanzenzucht verwendet. Ebenfalls hier angesiedelt sind die Kabanen, die neuen Übernachtungsmöglichkeiten für eher unkonventionelle Gäste. Insgesamt zehn beheizte „Kokons“ finden sich im Glashaus verteilt. Unter dem kalten Glashaus liegt eine dazu passend außergewöhnliche Spalandschaft mit viel Tageslicht. Das warme Glashaus mit rund 22 Grad Celsius versorgt die daran angeschlossene Küche mit frischen Kräutern und Gewürzen und ist intimer Backstagebereich fürs Pogusch- Team, in dem sich spielend neue Ideen entwickeln lassen. Beide Glashäuser sind über Atrien mit dem darunterliegenden Küchen-Hinterland verbunden und werten dieses durch direktes Tageslicht auf. Gut belichtete Arbeitsplätze mit hoher räumlicher Qualität liegen im Verborgenen und sind doch äußerst entscheidend fürs Wohl der Gäste. Die Hangverläufe änderten sich trotz maßgeblicher Baumaßnahmen nur gering. Die Positionierung der neuen Gebäude und die Wegerelationen dazwischen sprechen die selbstverständliche Sprache historisch gewachsener Bauweise. Die Übergänge zwischen den Zonen sind trotz der Radikalität des Neuen harmonisch, die gesamtheitliche Wirkung ist unaufgeregt normal. Bewusste Erneuerung steckt in jeder Faser, aber ganz ohne unnötiges Getöse. 97 WellHotel
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